Catharina Freuis
Mein Revier
15.02.2012 - 31.03.2012Catharina Freuis - Mein Revier
Konzentriert und klar in dem, was sie will und tut - das ist der Eindruck, den Catharina Freuis persönlich macht. Mit ihrer künstlerischen Arbeit blickt sie hinter die trügerische Welt der Bilder. In einer Serie von Arbeiten nahm die Künstlerin in kargen, sperrigen (Stadt-)Räumen minimale Interventionen vor, bevor sie diese, nun ,ihre‘ Realität abbildet. „Schweden“, wo Freuis ein Stipendium hinführte, ,deutet‘ sie als Bildfolge eines sterilen ,White Cube‘, in den sich Spuren von Gebrauch verirrt zu haben scheinen: Eine Decke, Schmutz, den eine Hand, geschützt durch ein ,Sackerl‘, verstohlen wegräumt, ein zerfledderter Blumenstock. Letzterer taucht als trauriges Surrogat von Natur auch in ihrem „Zimmer“ auf. Im „Abdruck“ braucht es schon mehr als unsere üblichen flüchtigen Sehgewohnheiten, um zu erkennen, dass die Fußspuren, die die ,Turnschuh-Beine‘ auf dem Beton scheinbar hinterlassen, von anderen, nackten Füßen stammen.
In ihren letzten Arbeiten nimmt Freuis die Realität, die sie abbildet, ganz in die eigene Hand. Sie baut ihre Räume selbst. Modelle von Räumen. Leere, auch in ihrer Farbigkeit zurückgenommene Räume. Nur wenige, reduzierte Einrichtungsstücke. Menschenleer. Bedrückende Räume, oder, wie die Künstlerin über einen ihrer Modellräume sagt, in ihrer „Erstarrtheit schon fast abstoßend“.
Ihre Bilder provozieren, fast taucht Ärger auf: Was will der Raum von mir? Denn die Räume, besser gesagt Freuis‘ Bilder davon, wollen defintiv etwas vom Betrachtenden. Der Standpunkt der Kamera bewirkt, dass man in den fluchtenden Raum hinein gezogen wird. Dessen Leere ruft umso stärker Erinnerungen an mögliche Vorgänge, Abläufe, Lebensroutinen hervor, die mit dem standardisierten Raum assoziiert werden. Die Künstlerin baut ihre Modell-Räume bis ins kleinste Detail - die Materialität, das Licht, die Aussicht aus den Fenstern - wirklichkeitsgetreu, sodass man auf den ersten Blick einer Täuschung über deren Echtheit erliegen kann.
Forschung verbunden mit einer Kritik sozialer Strukturen ist speziell seit den 1990er Jahren eine wichtige Herangehensweise in der Kunst. So auch für Catharina Freuis. Am Anfang steht bei ihr der intuitive künstlerische Akt, daraus folgt der Wunsch nach einem tieferen Eintauchen in das Thema, dem „Nach-Forschen“. (Wahrscheinlich ist diese Abfolge ohnehin die produktivere.)
Freuis interessiert die Soziologie des Raumes, die Vorgänge und Handlungen, die den Raum als etwas Relatives erst formen. Wenn die Künstlerin über die Position von Gordon Matta-Clark schreibt, er lege mit seinen Veränderungen im Stadtraum „auch soziale Strukturen offen, die ihm einengend erscheinen“, so ist das wohl auch ihr Ansatz. Hirschgeweih-Trophäen machen sich bei ihr selbständig und besetzen die beengende, Holz-vertäfelte „Stube“. In einen sterilen „Büro - Raum“ dringt durch die Fenster eine weiche Substanz und überformt die standardisierten, zu einer ,effizienten‘ Reihe ausgerichteten Schreibtische samt dazugehörigen Papierkörben.
Maria Welzig, Februar 2012